Aus der Ortschronik von Bad Überkingen
von der profi Deutschland > Baden-Württemberg > Göppingen
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Infrastruktur |
Saisonbedingt |
Beschreibung
Vorbemerkung
Als die amerikanischen Streitkräfte im April 1945 anrückten haben viele überzeugte Nationalsozialisten, so auch der Chronist, schnell die Seiten gewechselt. Panzersperren wurden abgebaut und weiße Fahnen gehisst um den Amerikanern zu signalisieren, dass sie auf keinen Widerstand stoßen werden. Nachdem das Dorf besetzt war, wurde allen Forderungen der Amerikaner Folge geleistet.
Der Angriff aus Türkheim wurde vom Volkststurm durchgeführt. Der bestand aus alten Soldaten und Jugendlichen, die meisten zwischen 17 und 20 Jahren alt. Die über 50 Soldaten kamen aus ganz Deutschland, nur ein einziger aus Geislingen.
Der Angriff war militärisch vollkommen sinnlos. Die Soldaten wurden schlicht und einfach von Offizieren verheizt, die die Zeichen der Zeit nicht erkennen wollten.
In allen anderen Gemeinden im Kreis Göppingen wurden die anrückenden Amerikaner nicht angegriffen.
Mich erinnert das ganze Szenario an den Film "Die Brücke", in dem Jugendliche eine militärisch vollkommen sinnlose Brücke verteidigen. Die ganze Sache eskaliert und am Ende sind einige der Jugendlichen tot.
Mir geht es schlicht und ergreifend darum, dass dieses Ereignis, auch im Hinblick auf das Kriegesende vor 75 Jahren, von nicht vergessen wird.
Aus der Ortschronik von Bad Überkingen
Am 21. April ... kam die Nachricht, daß sich die amerikanischen Streitkräfte dem Dorf näherten.
Herr Neidhart ging sofort den Amerikanern entgegen. In der Dorfmitte, beim Pfarrhaus, traf er auf den Kommandeur der US-Streitkräfte. Zusammen gingen sie auf das Rathaus. Dort wurde mit dem stellvertretenden Bürgermeister Wagnermeister Hommel, dem Gemeindepfleger Karl Siehler und Henn Otto Freymöller als Dolmetscher, die Lage besprochen.
Die einmarschierenden Truppen bestand aus einer Panzerkompanie der 44. Division unter dem Kommando von Captain Waters. Dem Kommandeur wurde versichert, daß der Ort friedlich sei und daß man jede Gewähr für die Sicherheit der Truppe übemehme.
Kommandeur Walters stellte die Forderung, daß die weiße Flagge gehißt werde, was daraufhin veranlaßt wurde. Die Befehlsstelle wurde in das Haus der Bäckerei Häfele gelegt. Eine Unterbefehlsstelle wurde im Haus des Otto Freymöller in der Kahlenbergstraße mit einem Leutnant und fünf Soldaten errichtet.
Der Aufforderung, daß die Waffen bis abends 18.30 Uhr abgegeben werden, wurde allgemein Folge geleistet.
...
Am Morgen des 22. April gegen 5 Uhr hörte man Gewehrschüsse, daran anschließend einige Detonationen.
Nach unterschiedlichen Darstellungen kamen um die Morgenstunde des 22. April um 5 Uhr deutsche Soldaten aus Richtung Türkheim und durchsuchten die ersten Häuser der damaligen Wilhelm Murr Straße (jetzt Kahlenbergstraße). Diese drangen als Spähtrupp weiter gegen das Dorf vor, um festzustellen, ob und inwieweit der Ort von amerikanischen Truppen besetzt wäre. Die Häuser von Heinrich Wagner und Otto Freymöller waren von amerikanischen Soldaten besetzt. Dies schien von den deutschen Soldaten wahrgenommen worden sein und es begann sich hier ein Kampf zu entwickeln. Vor dem Hause Wagner stand ein amerikanischer Posten, der auch an dieser Stelle fiel.
Gegen 5 Uhr am Morgen des 22. April stand Otto Freymöller mit 2 amerikanischen Soldaten vor seinem Haus als plötzlich ein Schuß auf sie abgegeben wurde. Die Besatzung im Haus Freymöller wurde alarmiert und trat in die Kampfhandlungen am Hause Wagner ein. Zwei deutsche Soldaten fielen am Hause Freymöller.
Bei dem Kampf um das Haus Wagner wurden Handgranaten geworfen. Das Haus wurde dabei beschädigt.
Während dieses Häuserkampfes wurden auch zwei amerikanische Panzer, die beim Haus Jakob Hommel (Kahlenbergstraße 17) aufgestellt waren, von einer Gruppe deutscher Soldaten, es sollen 4 bis 5 Mann gewesen sein, abgeschossen. Dieses Kommando zog sich damit unter Mitnahme des Sturmgepäcks der Panzerwagen wieder in Richtung Türkheim zurück.
In der Zwischenzeit rückte eine weitere Gruppe von deutschen Soldaten vermutlich ca. 50 Mann gegen den Ortseingang, von Türkheim herkommend, vor. Das dürfte um 6.30 Uhr der Fall gewesen sein. Hier hatten die Besatzungstruppen aber bereits am Samstag, den 21. April abends eine Sicherung mit Maschinengewehren im Garten des Jakob Rapp, Gartenstraße, aufgestellt. Nach verschiedenen Aussagen von deutschen Soldaten soll vorher schon ein Spähtrupp bis zur Kirche vorgedrungen sein, ohne auf Widerstand zu stoßen.
Die deutsche Angriffsgruppe, verteilte sich vor der Ortschaft, zerstreute sich nach der Kahlenbergstraße hin, während sich der andere Teil wieder zu einer geschlossenen Formation zusammenfanden und Richtung Gartenstraße marschierten. Diese Gruppe wurde von dem Maschinengewehrposten erfaßt und vollständig aufgerieben. An dieser Stelle blieben ca. 15 Soldaten tot liegen. Es war auf dem Weg von Türkheim herkommend in der Verlängerung des Kindergartens, dem ehemaligen H.-J.-Heim (Hitlerjugendheim).
Auch vom Kirchturm her soll von der Besatzung Maschinengewehrfeuer auf die deutschen Soldaten abgegeben worden sein. Ob aus Richtung Türkheim noch ein weiterer Angriff zu erwarten war, war zu dieser Stunde noch nicht ganz geklärt.
Neun verwundete Soldaten schleppten sich in das Behelfsheim, das von Herrn Rechtsanwalt Dr. Löffler bewohnt war. Frau Löffler nahm sich in diesen Stunden tapfer der Verwundeten an. ... Nach Angabe von Frau Löffler soll ein deutscher Arzt morgens mit zwei amerikanischen Soldaten, so um 8.30 Uhr, erschienen sein. Es wurde jedoch nichts unternommen. Gegen 14.30 Uhr holte man dann die Verwundeten ab.
...
Von der Kahlenbergstraße aus drangen die deutschen Soldaten morgens zwischen 5 und 7 Uhr bis zur Geislingerstraße vor, in Richtung Gasthaus Germania. Die Amerikaner bekamen von Geislingen aus Verstärkung. So waren die wenigen deutschen Soldaten schnell überwunden und blieben größtenteils tot zurück.
In diese Kampfhandlungen griff auch die Panzerartillerie ein, die um 5.30 Uhr einsetzte und vermutlich die Bollersteige unter Feuer halten wollte, nachdem von der Besatzung von Bad Überkingen der Angriff aus Türkheim gemeldet wurde. Es dürften etwa 20 Schuß gefallen sein, die teils auch in Richtung Autal streuten.
Im Ort wurden von den Kampftruppen die Telefonverbindungen unterbrochen; die Telefonmasten wurden durch die Panzer umgelegt.
Um 7.45 Uhr begab sich Herr Neidhart auf das Rathaus, um zu hören, was vorgefallen war. Herr Siehler setzte Herrn Neidhart in Kenntnis gesetzt, daß man mit der Ortsschelle bekannt geben müsse, daß das Dorf in einer halben Stunde angezündet würde, wenn die deutschen Soldaten nicht die Häuser verließen und sich ergeben würden.
Herr Neidhart begab sich sofort zum Dolmetscher Herr Freymöller in die Kahlenbergstraße, wo sich die Kampfhandlungen abgewickelt haben. Er wurde dort von den amerikanischen Soldaten angehalten, konnte sich aber bis zum Haus Freymöller durchschlagen. Herr Freymöller begab sich mit Herrn Neidhart sofort zum amerikanischen Kommandeur, um die Lage zu besprechen.
...
Man holte weitere Männer herbei und konnte am Vormittag die Toten und Verwundeten aus der Garten- und Kahlenbergstraße bergen. Vor dem Haus Heinrich Wagner und in dessen Keller lag je ein toter amerikanischer Soldat. Sie wurden von der amerikanischen Kampftruppe geborgen.
Die Verwundeten, es waren ca. 25 Mann, wurden teils in das Lazarett im Bad Hotel und teils direkt in das Krankenhaus Geislingen verbracht.
Die Toten wurden mit dem Fuhrwerk des Herrn Thierer zum Hirsch geholt und trotz des Verbots auf den Friedhof überführt. Gegen 16.00 Uhr waren die Toten geborgen und auf dem Friedhof geordnet aufgebahrt.
Die Kampfhandlungen forderten 25 Gefallene und etwa 25 verwundete deutsche Soldaten und 3 Gefallene der amerikanischen Kampftruppen.
...
Am 23. April, nachmittags gegen 17.00 Uhr wurden die Gefallenen, darunter ein Mann aus Geislingen, unter stiller Anteilnahme der ganzen Gemeinde, ohne Genehmigung der Besatzung, auf dem Friedhof in einem Sammelgrab beigesetzt.
Herr Neidhart war der Direktor der Mineralbrunnen AG,
dem größten Arbeitgeber vor Ort.
Der Chronist Herr Bächtle war Lehrer und der politischer
Leiter der NSDAP Ortsgruppe Bad Überkingen.
Wilhelm Murr, geboren in Esslingen am Neckar, war Gauleiter der NSDAP
in Württemberg-Hohenzollern und Reichsstatthalter in Württemberg.
Eine Kopie der Chronik befindet sich in meinem Besitz.
Diese hat mein Vater vom Chronisten erhalten.
Den vollständigen Auszug der Chronik hat mein Vater
der Geislinger Zeitung zur Verfügung gestellt. Er wurde am
23. Februar und am 1., 2., und 4. März 1995 wortwörtlich abgedruckt.
A = Nummer der Panzerdivision
B = Hausnummer Jakob Hommel
C = Anzahl der getöteten deutschen Soldaten
D = Anzahl der Verwundeten deutschen Soldaten
E = Anzahl der deutschen Soldaten die um ca. 6:30 angreifen
F = Anzahl Schuss der Panzerartillerie Richtung Boller Steige
G = Anzahl der getöteten amerikanischen Soldaten
H = Anzahl der heute auf dem Friedhof bestatteten Soldaten
I = 3. Grab rechts des zentralen Gedenksteins: 1945 - Geburtsjahr
K = 1. Grab links des zentralen Gedenksteins: 1945 - Geburtsjahr
N 48° 35.(8A + 2C + 4E + 10G + 12I)
E 09° 47.(8B + 10D + 8F + 10H + 2K)
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Logeinträge für 22. April 1945
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24. Juni 2024, 16:06 kleopatra4 hat den Geocache gefunden
Die Infos aus dem Text hatte ich schon vor einiger Zeit extrahiert, allerdings gab es einige Unklarheiten.
Dennoch konnten wir nach dem Besuch der physischen Station logische Koordinaten ermitteln und wurden vor Ort auch fündig.
Geloggt als Aureliabinweg von Geocaching
DfdC!
On Tour mit Zippy und Vater_von_A
15. Dezember 2020 etaner hat den Geocache gefunden
Interessante Geschichte.
15. Dezember 2020 Mr.No hat den Geocache gefunden
Interessante Geschichte, und das alles noch kurz vor Kriegsende.